Corona macht etwas mit uns. Es löst bei jedem eine eigene Dynamik aus. Oft gehen Home-Office, Homeschooling, Kontaktsperre, Existenzsorgen und Unsicherheit bezüglich der Zukunft einher mit innerer Unruhe, sorgenvollen Gedanken und Angst. Gerade jetzt ist es wichtig, aktiv für die eigene Stressregulation Sorge zu tragen. Achtsamkeitsübungen senken das eigene Erregungsniveau, machen uns resistenter gegen Stress und steigern darüber hinaus unser tägliches Wohlbefinden! Die Achtsamkeitsübung ist von Michaela Huber aus ihrem Buch “Der innere Garten”, gesprochen von mir.
Ihr braucht dazu: 10 Minuten Zeit, einen Stuhl auf dem ihr bequem möglichst aufrecht sitzen könnt und einen Raum, in dem ihr ungestört seid. Wichtig: Wenn ihr euch bei dieser Übung nicht entspannt, macht euch keinen Stress! Es geht einfach darum wahrzunehmen wie es euch geht, ohne zu bewerten. Alles darf da sein.
Einfach mal 10 Minuten abschalten und den Blick nach innen richten.
Es ist mein erstes Audio und das Erstellen hat Freude gemacht und mich entspannt 🙂
Die Schulen haben das Homeschooling entdeckt. Ein bischen kann ich mir ja das Grinsen nicht verkneifen. Als ich unseren Sohn nach mehrjährigem Homeschooling vor wenigen Wochen in seiner jetzigen Schule angemeldet habe musste ich seitens der Schulleitung in unserem ersten persönlichen Gespräch erst mal über mich ergehen lassen, dass sie von Homeschooling im Allgemeinen und von Schule via Internet im Besonderen absolut nichts hält. Und nun … machen sie es selbst… . So ändert Corona die Zeiten … 🙂
Und die Schule unseres Sohnes macht das richtig toll. Innerhalb kurzer Zeit haben sie auf die Beine gestellt, dass die Schüler/innen via ANTON Aufgaben erhalten (ich finde die App richtig klasse). Über eine andere App können die Klassenkamerad/innen zueinander und zu den Lehrer/innen Kontakt aufnehmen. Manchmal erhält unser Sohn auch eine Mail von seiner Klassenlehrerin. Da steht immer am Ende “Wir vermissen Dich” oder “Wir vermissen unsere tolle 5a”. Ganz lieb und bindungsorientiert.
Zu den inhaltlichen Anforderungen an die fünfte Klasse ein Auszug aus der letzten Mail: Liebe Klasse 5, die Schule ist zu aber das Lernen geht weiter. Bitte übe jeden Tag (insgesamt) eine Stunde Mathe, (insgesamt) eine Stunde Deutsch, (insgesamt) eine Stunde Englisch, (insgesamt) eine Stunde für ein anderes Fach. Aber: Es ist besser, das Fach auch mal zu wechseln. Beispiel: 15 Minuten Vokabeln, dann 15 Minuten Einmaleins, dann 15 Minuten lesen … Aber insgesamt sollst Du pro Fach auf eine Stunde kommen. … Diese Aufgaben sind Pflicht.
Wenn ihr ein 10 oder 11jähriges Kind habt, das diese Anleitung selbständig umsetzt: Herzlichen Glückwunsch! Die allermeisten Kinder werden viel Unterstützung seitens der Eltern benötigen – die müssen motivieren, strukturieren, das Kind begleiten.
Die Situation in den Familien ist gerade sehr unterschiedlich. Da gibt es die klassische Familie mit einem (Schul)kind – er arbeitet im Homeoffice, sie betreut die Kinder. Es gibt Familien mit mehreren Kindern. Womöglich hat das Schulkind noch 2-3 jüngere Geschwister. Es gibt Familien, die haben neben dem Schulkind noch behinderte oder chronisch kranke Kinder. Es gibt Alleinerziehende mit all den genannten möglichen Konstellationen. Es gibt Familien denen es gerade gut geht. Es gibt Familien, die schon vor Corona in der Krise waren und jetzt kommt Corona mit den Ängsten, die damit einhergehen und mit den Einschränkungen noch dazu. Es gibt Mütter und Väter, denen es gut geht. Es gibt Mütter und Väter, die eh schon unter Druck sind, weil sie eine Angststörung haben, depressiv sind, unter chronischen Schmerzen leiden, chronisch erschöpft sind … und jetzt kommt Corona mit den Ängsten die damit einhergehen und mit den zusätzlichen Belastungen noch dazu. Es gibt Familien, die freuen sich darüber, endlich mal so viel Zeit miteinander zu verbringen. Es gibt Familien, die so viel Nähe nicht gewohnt sind. Es gibt Familien, die leben in einem Haus mit Garten. Es gibt Familien, die leben in einer kleinen Mietwohnung. Es gibt Familien, die können sich und das Schulkind gut organisieren. Es gibt Familien, denen das schwer fällt.
In China ist unter Corona die häusliche Gewalt um das 2-3fache gestiegen. Das Letzte, was Familien gerade brauchen ist unnötiger Stress. Bitte, liebe Schulleitungen und Lehrer/innen – ihr macht gerade eine großartige Arbeit – aber bitte nehmt den Druck raus. Weist Eltern und Schüler/innen darauf hin, dass die Aufgaben ein Angebot sind, aber dass die Familien auf ihre Grenzen achten sollen. Dass ein gutes Familienklima viel viel wichtiger sind als gemachte Schulaufgaben. Bitte, liebe Mütter und Väter – ihr macht gerade eine großartige Arbeit – aber bitte nehmt den Druck raus bzw. lasst ihn erst gar nicht rein :-). Dass es euch und den Kindern gut geht und dass die Stimmung in der Familie gut ist, ist viel wichtiger als gemachte Schulaufgaben.
Nun gibt es (noch) keine Ausgangssperre – aber Kitas und Schulen sind zu und die Möglichkeiten rauszugehen und andere zu treffen sind sehr eingeschränkt. Man soll so viel wie möglich zuhause bleiben. 24/7 zusammen zuhause – was bedeutet das für Familien?
Ein Juwel unter den Veröffentlichungen zum Thema Corona und Familien ist für mich die Dokumentation des Webinars „Hausarrest für alle – wie schaffen das Familien?“.
In einem interaktiven Videogespräch informiert Karl-Heinz Brisch (Kinder- und Jugendpsychiater, Bindungsforscher…): Was macht Corona mit uns Erwachsenen und mit den Kindern? Was ist die Herausforderung aus Bindungsperspektive? Was können Eltern ganz konkret tun? Was ist jetzt wichtig? Dann beantwortet Karl-Heinz-Brisch Teilnehmerfragen. Und das macht er super klar, Dinge auf den Punkt bringend und hilfreich.
Am Ende des Webinars wird darum gebeten, die Doku des Webinars und seinen Inhalt mit zu verbreiten. Das mache ich hiermit gerne. Die obige Verlinkung führt zu der Doku des Webinars. Hier eine kurze Zusammenfassung:
Corona macht etwas mit uns Erwachsenen. Es setzt bei jedem eine Dynamik in Gang, die mit mehr oder weniger Stress einhergeht. Die Frage ist: Wie bewältigen wir diesen Stress und unsere eigene Angst? Und: Und was bedeutet unser Stress für unsere Kinder?
Die zentrale Herausforderung für Eltern aus Perspektive der Bindungsforschung ist: Die Kinder spüren, dass etwas nicht stimmt. Sie spüren, dass die Erwachsenen unruhig sind, aufgeregt, vielleicht auch Angst haben. Ihr Tagesauflauf ist verändert. Sie dürfen nicht mehr in Kita oder Schule, dürfen ihre Spielkamerad/innen nicht mehr treffen, die Großeltern nicht mehr besuchen. All das verunsichert die Kinder, stresst sie, macht ihnen Angst. Sie suchen Schutz bei ihren Bindungspersonen, um bei diesen Schutz und Sicherheit zu finden. Je kleiner die Kinder, umso mehr suchen sie diese Sicherheit über körperliche Nähe und Körperkontakt. Das Problem: Mama oder Papa sind selber verunsichert, beunruhigt, gestresst, haben Angst. Diese Unsicherheit und Aufregung überträgt sich zum einen auf das Kind, zum anderen können die Eltern nicht mehr gut beruhigen, wenn sie selbst unruhig sind.
Wie zeigen Kinder, dass sie unsicher und gestresst sind? Säuglinge und Kleinkinder weinen, sind unruhig, jammern, quengeln, schlafen und/oder essen schlechter, suchen vermehrt körperliche Nähe, klammern. Kindergartenkinder sind motorisch unruhiger, aufgeregter, unzufriedener, können sich schlechter konzentrieren, schlechter ins Spiel finden, spielen weniger alleine, wollen vermehrt in der Nähe der Eltern sein, sind evtl. auch aggressiver z.B. im Kontakt mit den Geschwistern. Schulkinder, die schon mehr Selbständigkeit und Unabhängigkeit gewohnt sind dürfen nicht mehr raus, sollen sich von ihren Freunden distanzieren, können sich nicht mehr austauschen. Auch sie zeigen evtl. vermehrt aggressives Verhalten und eine größere Unruhe. Vielleicht fällt es Ihnen schwer, sich auf die Schulaufgaben die sie jetzt zuhause machen sollen zu konzentrieren. Vielleicht brauchen auch sie die Eltern nun mehr als sonst und suchen häufiger ihre Nähe. Jugendliche leben eigentlich davon, dass sie rausgehen und ihre Freunde treffen … nicht nur im Chat sondern auch real. Vielleicht finden sie die Corona-Maßnahmen blöd und übertrieben und sehen nicht ein, dass sie zuhause bleiben sollen. Vielleicht nehmen sie Corona sehr ernst und reagieren mit Angst und/oder depressivem Verhalten.
Was können wir tun?
Unglaublich wichtig ist, dass sich die Erwachsenen (immer wieder) beruhigen bzw. entspannen. Sie sind den Kindern sonst kein stabiles emotionales Gegenüber. Sie können die Kinder sonst nicht beruhigen. Folgende Maßnahmen sind hierzu hilfreich:
Klar, wir möchten uns jetzt ständig informieren und das Web bietet dazu vielfältige Möglichkeiten. Wenn Sie Kinder betreuen – holen sie Infos strukturiert ein (2-3mal am Tag) ohne permanent online zu sein. Sonst heizen die Nachrichten das eigene Erregungsniveau immer wieder an.
Gehen Sie auch mal alleine spazieren, atmen Sie durch, gewinnen Sie Abstand.
Strukturieren Sie den Tag – das gibt allen Sicherheit.
Nutzen Sie Entspannungsverfahren wie Autogenes Training, Yoga, Meditation oder Visualisierung (hierzu gibt es viele Angebote auch im Netzt … z.B. den Sicheren inneren Ort)
Begleiten Sie ihre Kinder altersgerecht. Die Kinder brauchen Sie und Ihre Zuwendung jetzt besonders. Kinder haben einen besonderen Fürsorge- und Schutzbedarf. Acht Sunden Home-Office und Kinderbetreuung geht nicht. Karl-Heinz Brisch appelliert hier an alle Arbeitgeber und wünscht sich auch eine klare Stellungnahme der Kanzlerin. Vor allem für Alleinerziehende ist das eine extreme Belastungslage. Und am Ende leidet das schwächste Opfer … das Kind.
Haben Sie keine zu hohen Ansprüche an sich und ihre Kinder! Es ist eine Ausnahmezustand! Alles was hilft, ist erlaubt, auch mehr Medienzeit für die Kinder als üblich. “Ich arbeite jetzt im Home-Office und ihr spielt schön” – kann klappen, muss aber nicht… Spielen kann man halt auch nicht auf Knopfdruck und schon gar nicht, wenn man gestresst ist. Diese Haltung gilt auch für Schulkinder – wenn sie die Aufgaben die die Schule ihnen online aufgibt nicht schaffen (bzw. Sie als Erwachsener nicht schaffen, Ihr Schulkind bei den Aufgaben zu begleiten: Setzen Sie deswegen weder sich noch ihr Kind unter Druck. Karl-Heinz Brisch formulierte einen dringenden Appell an Schulleitungen und Lehrer/innen: Bitte entspannen Sie sich … erwarten Sie nicht zu viel … Familien haben gerade genug Stress … geben Sie nicht noch mehr Druck rein.
Bei Eskalation in der Familie: “Stop” rufen – das kann ein Erwachsener oder ein Kind tun. Sie Situation unterbrechen, alle ziehen sich für eine Zeit zurück und kommen dann wieder zusammen um gemeinsam zu verstehen, was los war.
Wenn Sie merken, dass Stress und Angst zu groß werden … holen Sie sich rechtzeitig Hilfe. Jede Stadt bietet Online-Beratungsangebote. Viele Psychotherapeut/innen haben auch ein Online-Angebot.
Ein Appell an die Politik: Bitte schließt jetzt die Psychotherapie nicht, v.a. nicht die Kinderpsychotherapie!
Haben Sie die Familien um sich herum im Blick … und schauen Sie, ob jemand ihre Hilfe braucht.
Online-Psychotherapie war für mich lange nicht vorstellbar. Das passt nicht zu mir und meiner Art zu arbeiten, dachte ich immer. Als Psychotherapeutin und gerade als Körperpsychotherapeutin brauche ich die reale Präsenz von Klient/innen in einem Raum. Viele Informationen können nur in direkter körperlicher Nähe übermittelt werden – die Art des Blickkontakts, die Atmung des Gegenübers oder andere feine Körpersignale. Auch aus Perspektive der Bindungsforschung dachte ich: Nein, Schmerzen lindern und beruhigen kann nur allein die körperliche Präsenz eines anderen. Zudem geht es ja auch in der Psychotherapie um den Aufbau einer Bindungsbeziehung – wie bitte schön, soll das online gelingen?
U.a. aufgrund einer chronisch zu werden drohenden Erkrankung der Atemwege unserer jüngsten Tochter begannen wir dann mehrmals pro Jahr länger zu verreisen – in unterschiedliche Länder, aber immer ans Meer. Klient/innen bot ich ohne groß darüber nachzudenken an, während meiner längeren Abwesenheiten via Skype in Kontakt zu bleiben. Mein Anliegen war, die Konstanz der therapeutischen Beziehung zu pflegen. Und ich war sehr überrascht, wie groß der Effekt von Skype-Sitzungen sein kann. Trotz der Distanz entstand bei mir ein Gefühl der Verbundenheit und der Nähe. Geringer als beim direkten Kontakt, aber weitaus stärker als erwartet. Auch die Klient/innen erlebten den Kontakt via Skype als hilfreich.
Dauerhaft zurück in Trier (mit “normalen” kleinen Urlauben zwischendurch 🙂 ) war für mich der Kontakt zu Klient/innen via digitaler Medien selbstverständlicher geworden. Sie kontaktieren mich zum Beispiel über Whatsapp zur Terminabsprache, aber auch wenn etwas in ihrem aktuellen Leben sie beunruhigt, ängstigt oder einfach beschäftigt. Ich antworte darauf so zeitnah, wie es mir möglich ist und erhalte oft die Rückmeldung, dass der digitale Kontakt zu mir unglaublich hilfreich gewesen sei. Wenn ich weiß, das Klient/innen gerade eine schwere Zeit durchmachen, melde ich mich auch mal von mir aus und frage nach, wie es geht.
Spannend ist für mich der Blick aus Perspektive der Bindungsforschung: Zum Aufbau einer sicheren Bindungsbeziehung ist es wichtig, die Signale des Kindes wahrzunehmen und möglichst prompt und einfühlsam darauf zu reagieren. Genau dies ermöglich der Online-Kontakt zu Klient/innen zwischen den Sitzungen. Ein anderer Aspekt: für Klient/innen mit sehr schwierigen frühen Bindungserfahrungen ist es häufig leichter, online in Distanz mit mir Kontakt zu gehen und sich zu öffnen. Dies bereitet oft erst den Boden für einen persönlichen therapeutischen Kontakt.
An eine Klientin mit traumatischen frühen Bindungserfahrungen erinnere ich mich. Für sie war es im Erstgespräch unglaublich schwierig, mit mir in (Blick)Kontakt zu gehen. Ich meinerseits hatte das Gefühl, dass das was ich sage gar nicht bei ihr ankommt. Nach diesem Erstgespräch schrieb sie mir mehrere längere Nachrichten. Diese waren lebendig, klar und spiegelten ihre emotionale und soziale Kompetenz. Auf meine Antworten reagierte sie schnell und drückte darin v.a. ihr Erleben, ihre Dankbarkeit und ihr Vertrauen mir gegenüber aus. In unserem zweiten persönlichen Treffen erlebte ich überrascht eine “andere” Klientin. Sie war in der Lage offen und lebendig mit mir in Kontakt zu treten und meine Beiträge aufzunehmen. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Ich vermute jedoch, dass unser Online-Kontakt zwischen den Sitzungen positiv zu dieser Veränderung beigetragen hat.
Manchmal sprechen auch einfach praktische Gründe für eine Online-Psychotherapie, etwa wenn Klient/innen familiär oder beruflich stark eingebunden sind und keine regelmäßigen Termin wahrnehmen können oder wenn sie aufgrund einer körperlichen Erkrankung nur eingeschränkt mobil sind. Früher war es für mich selbstverständlich, dass Klient/innen die zuhause kleine Kinder betreuten, Angehörige pflegten und/oder beruflich sehr engagiert waren wöchentlich in meiner Praxis erschienen. Das war für mich klar eine Sache von Prioritäten setzen. Heute – den Alltag mit drei Kindern wuppend und dazu noch beruflich tätig – ist mein Blick milder und wohl auch realistischer. Ich weiß, wie erschöpft man sein kann, gerade wenn dann auch noch eine psychische Belastung dazukommt. Regelmäßige Termine, die oft ja auch mit mehr oder weniger langen Fahrtzeiten verbunden sind, können dann ein zusätzlicher Stressor sein, für den die Kraft vielleicht nicht mehr reicht.
Natürlich eignet sich Online-Therapie nicht für jede/n. Man muss schon eine gewisse Technikaffinität mitbringen und die Freude daran, sich schriftlich auszudrücken. Auf Therapeut/innenseite braucht es dazu noch die Bereitschaft, mit Klient/innen außerhalb der Sitzungen in Kontakt zu stehen und je nach Situation auch zeitnah zu reagieren. Auf jeden Fall macht Online-Therapie die Psychotherapielandschaft reicher an Vielfalt und das begrüsse ich sehr.
Fazit: Zur Zeit praktiziere ich eine sog. gemischte Psychotherapie und erweitere das klassische Therapiesetting in meinem Praxisraum um Bestandteile internetbasierter Interventionen. Mein Ziel ist es, das Beste aus beiden Welten zu vereinen. Online-Psychotherapie ist längst etabliert und es finden sich im Netz viele Anbieter. Ich selber betrachte mich auf diesem Gebiet eher noch als Forschungsreisende – und finde es wie bei meinen “echten” Reisen unglaublich spannend und bereichernd, Neuland zu erkunden!
Für Interessierte hier noch weiterführende Informationen zu meinem Online-Angebot
Die Freie Montessori Schule Trier zeigt sich hier wegweisend
Die Trierer Schullandschaft ist nun reicher an Vielfalt. Vor wenigen Tagen startete die Freie Montessori Schule Trier mit einer ersten Lerngruppe. Mittendrin unsere mittlere Tochter als freudige und stolze Erstklässlerin.
Warum wir uns für die Montessori Schule entschieden haben? In der Freien Montessori Schule Trier lernen die Kinder in weiten Teilen selbstbestimmt – sie entscheiden selbst, mit welchem Material und Thema sie sich beschäftigen möchten. Es gibt kaum Frontalunterricht – jedes Kind lernt in seinem Tempo und seinen aktuellen Interessen entsprechend. Das tolle Montessori-Material erlaubt den Kindern erst mal abstrakte Dinge wie Buchstaben und Zahlen zu be-greifen. Die Kinder lernen altersgemischt in jahrgangsübergreifenden Gruppen, wobei die Jahrgangsmischung in Trier mit jedem weiteren Schuljahr erst aufgebaut wird. Die Freie Montessori Schule Trier ist inklusiv. Alle Kinder – in ihrer ganzen Vielfalt – lernen gemeinsam. Und last but not least gibt es keine Noten und keine Hausaufgaben.
Zur Montessori Pädagogik und ihrer Umsetzung an der Freien Montessori Schule Trier in einem späteren Artikel mehr. Heute möchte ich den Fokus auf den Prozess der Einschulung richten. Dieser hat mich für unsere Tochter unglaublich gefreut und fachlich sehr beeindruckt! Denn: So bedeutsam und von der modernen Lernforschung unterstützt die oben genannten Merkmale auch sind: letztlich entscheidet die Qualität der Beziehungen, ob ein Kind gerne in die Schule geht und dort angstfrei lernen kann!
Unsere Tochter hat ihre Lehrerinnen und Mitschüler/innen bereits im Januar kennengelernt. Da das Schulgebäude noch nicht bezugsfähig war, waren Eltern und Kinder ins Montessori-Kinderhaus auf dem Petrisberg eingeladen. Für die Eltern gab es Kaffee. Die Lehrerinnen haben die Kinder in kleine Gruppen eingeteilt und mit ihnen eine gemeinsame Stunde gestaltet. Ziel war es, die Kinder kennen zu lernen und eine ausgewogene und arbeitsfähige erste Lerngruppe zusammenzustellen. Bis zur Einschulung Mitte August folgten drei sog. Aktionsnachmittage im Schulgebäude. An zwei dieser Tage haben die Kinder je ca. eineinhalb Stunden mit den Lehrerinnen gebastelt, um das Schulgebäude zu gestalten. Am dritten Aktionsnachmittag hat die Musiklehrerin mit den Kindern Lieder für die Eröffnungsfeier und für die Einschulung einstudiert. Am Freitag vor dem ersten Schultag ging ich mit unserer Tochter erneut in die Schule. Sie durfte ihre Materialien in unterschiedliche mit ihrem Namen versehene Fächer im Klassenraum einräumen. Es folgte am Tag darauf die Eröffnungsfeier der Freien Montessori Schule Trier und am Montag dann der erste – verkürzte – Schultag mit einer kleinen gemeinsamen Einschulungsfeier. Nach der Feier gab es für Eltern, Familienangehörige und Freunde Kaffee und Kuchen, während die Kinder im Klassenraum ihre erste Unterrichtsstunde hatten.
An den Aktionsnachmittagen konnten wir Eltern so lange wie wir wollten bei den Kindern bleiben. Ich bin jeweils nach ca. 10 Minuten in den Nachbarraum gegangen. Von Seiten der pädagogischen Fachkräfte gab es jedoch keinerlei Druck, sich von den Kindern zu trennen. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar – habe ich mich doch in anderen pädagogischen Institutionen schnell mit dem Etikett “überbehütende Mutter, die sich nicht lösen kann” gelabelt gefühlt, wenn ich dem Bindungsbedürfnis meines Kindes gefolgt bin.
Für unsere Tochter gab es also 6 elternbegleitete Kontakte zu den pädagogischen Fachkräften, den Mitschüler/innen und dem Schulgebäude. Am ersten “richtigen” Schultag war es ihr so leicht möglich, mich zu verabschieden. Sie war voller Vorfreude und aufgeregt, aber frei von Angst.
In Krippen und Kitas ist eine elternbegleitete Eingewöhnung inzwischen Qualitätsstandard. Es gibt eigens Konzepte dafür wie z.B. das Berliner Modell. Grundlage ist die Bindungsforschung. Der Kerngedanke ist, dass die Kinder beim Eintritt in eine pädagogische Institution solange die Begleitung einer Bindungsperson benötigen, bis sie eine ausreichend vertrauensvolle Beziehung zu mindestens einer pädagogischen Fachkraft aufgebaut haben.
Googelt man “elternbegleitete Eingewöhnung” kommen unzählige Einträge zur Eingewöhnung in Krippe und Kindergarten. Meine Google-Recherche zu “Elternbegleitete Eingewöhnung Schule” ,”Elternbegleitete Einschulung” und “Bindungsorientierte Einschulung” ergab null Treffer. Toll, dass die Freie Montessori Schule Trier etwas lebt, was es laut Google gar nicht gibt … ?
Es gab allerdings einige Artikel die betonen, dass die Kinder am ersten Schultag ohne Eltern ins Klassenzimmer gehen müssen und dass das ja auch gut sei. Die Kinder müssten schließlich selbständig werden. Es ärgert mich immer wieder, wenn Erwachsene davon überzeugt sind, sie seien die “Macher” der Selbständigkeit ihrer Kinder … und ohne ihr Schubsen würden die Kinder nie selbständig. Alle Kinder wollen sich von ihren Eltern lösen … das ist ihr innewohnendes Entwicklungsbedürfnis … und sie machen diesen Schritt freudig und stolz, wenn sie sich sicher genug fühlen. Es geht immer wieder um das Vertrauen in die Kinder, dass sie den nächsten Entwicklungsschritt aus eigenem Antrieb machen, wenn sie dazu bereit sind. Und nicht wenn die Erwachsenen meinen, jetzt sei der Zeitpunkt gekommen oder wenn Institutionen vorgeben, wann der Tag X da ist.
In der Lerngruppe unserer Tochter sind Kinder zwischen 8 und 6 Jahren. Da ist doch klar, dass der Tag X nicht für alle Kinder der gleiche Tag sein kann, oder? Da liegen rein biologisch zwei Jahre dazwischen, die Spanne der Entwicklung ist noch weit grösser.
Klar sind da Kinder dabei, die den Schuleintritt auch ohne vorhergehenden Bindungsaufbau zu den pädagogischen Fachkräften schon bewältigen können. Aber es sind auch Kinder dabei, für die dieser Schritt von großer Angst begleitet ist. Von diesen Kindern wiederum werden einige ihre Angst bewältigen können, andere nicht. Für die ist der Schuleintritt dann traumatisch. Traumatisch bedeutet, dass die Angst so groß ist, dass das Gehirn überfordert ist mit den bekannten langfristigen Folgen.
Angstfreiheit ist die zentrale Voraussetzung für Lernen. Eltern und Lehrer/innen möchten in Schulen Voraussetzungen schaffen, dass die Kinder gut lernen können. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass bewusst in Kauf genommen wird, dass manche Kinder schon bei der Einschulung auf der Strecke bleiben.
Es geht aber anders, wie unsere Erfahrung mit der Freien Montessori Schule Trier zeigt. Ein herzliches Dankeschön dafür!
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