Die Freie Montessori Schule Trier zeigt sich hier wegweisend

Die Trierer Schullandschaft ist nun reicher an Vielfalt. Vor wenigen Tagen startete die Freie Montessori Schule Trier mit einer ersten Lerngruppe. Mittendrin unsere mittlere Tochter als freudige und stolze Erstklässlerin.

Warum wir uns für die Montessori Schule entschieden haben? In der Freien Montessori Schule Trier lernen die Kinder in weiten Teilen selbstbestimmt – sie entscheiden selbst, mit welchem Material und Thema sie sich beschäftigen möchten. Es gibt kaum Frontalunterricht – jedes Kind lernt in seinem Tempo und seinen aktuellen Interessen entsprechend. Das tolle Montessori-Material erlaubt den Kindern erst mal abstrakte Dinge wie Buchstaben und Zahlen zu be-greifen. Die Kinder lernen altersgemischt in jahrgangsübergreifenden Gruppen, wobei die Jahrgangsmischung in Trier mit jedem weiteren Schuljahr erst aufgebaut wird. Die Freie Montessori Schule Trier ist inklusiv. Alle Kinder – in ihrer ganzen Vielfalt – lernen gemeinsam. Und last but not least gibt es keine Noten und keine Hausaufgaben.

Zur Montessori Pädagogik und ihrer Umsetzung an der Freien Montessori Schule Trier in einem späteren Artikel mehr. Heute möchte ich den Fokus auf den Prozess der Einschulung richten. Dieser hat mich für unsere Tochter unglaublich gefreut und fachlich sehr beeindruckt! Denn: So bedeutsam und von der modernen Lernforschung unterstützt die oben genannten Merkmale auch sind: letztlich entscheidet die Qualität der Beziehungen, ob ein Kind gerne in die Schule geht und dort angstfrei lernen kann!

Unsere Tochter hat ihre Lehrerinnen und Mitschüler/innen bereits im Januar kennengelernt. Da das Schulgebäude noch nicht bezugsfähig war, waren Eltern und Kinder ins Montessori-Kinderhaus auf dem Petrisberg eingeladen. Für die Eltern gab es Kaffee. Die Lehrerinnen haben die Kinder in kleine Gruppen eingeteilt und mit ihnen eine gemeinsame Stunde gestaltet. Ziel war es, die Kinder kennen zu lernen und eine ausgewogene und arbeitsfähige erste Lerngruppe zusammenzustellen. Bis zur Einschulung Mitte August folgten drei sog. Aktionsnachmittage im Schulgebäude. An zwei dieser Tage haben die Kinder je ca. eineinhalb Stunden mit den Lehrerinnen gebastelt, um das Schulgebäude zu gestalten. Am dritten Aktionsnachmittag hat die Musiklehrerin mit den Kindern Lieder für die Eröffnungsfeier und für die Einschulung einstudiert. Am Freitag vor dem ersten Schultag ging ich mit unserer Tochter erneut in die Schule. Sie durfte ihre Materialien in unterschiedliche mit ihrem Namen versehene Fächer im Klassenraum einräumen. Es folgte am Tag darauf die Eröffnungsfeier der Freien Montessori Schule Trier und am Montag dann der erste – verkürzte – Schultag mit einer kleinen gemeinsamen Einschulungsfeier. Nach der Feier gab es für Eltern, Familienangehörige und Freunde Kaffee und Kuchen, während die Kinder im Klassenraum ihre erste Unterrichtsstunde hatten.

An den Aktionsnachmittagen konnten wir Eltern so lange wie wir wollten bei den Kindern bleiben. Ich bin jeweils nach ca. 10 Minuten in den Nachbarraum gegangen. Von Seiten der pädagogischen Fachkräfte gab es jedoch keinerlei Druck, sich von den Kindern zu trennen. Dafür bin ich wirklich sehr dankbar – habe ich mich doch in anderen pädagogischen Institutionen schnell mit dem Etikett “überbehütende Mutter, die sich nicht lösen kann” gelabelt gefühlt, wenn ich dem Bindungsbedürfnis meines Kindes gefolgt bin.

Für unsere Tochter gab es also 6 elternbegleitete Kontakte zu den pädagogischen Fachkräften, den Mitschüler/innen und dem Schulgebäude. Am ersten “richtigen” Schultag war es ihr so leicht möglich, mich zu verabschieden. Sie war voller Vorfreude und aufgeregt, aber frei von Angst.

In Krippen und Kitas ist eine elternbegleitete Eingewöhnung inzwischen Qualitätsstandard. Es gibt eigens Konzepte dafür wie z.B. das Berliner Modell. Grundlage ist die Bindungsforschung. Der Kerngedanke ist, dass die Kinder beim Eintritt in eine pädagogische Institution solange die Begleitung einer Bindungsperson benötigen, bis sie eine ausreichend vertrauensvolle Beziehung zu mindestens einer pädagogischen Fachkraft aufgebaut haben.

Googelt man “elternbegleitete Eingewöhnung” kommen unzählige Einträge zur Eingewöhnung in Krippe und Kindergarten. Meine Google-Recherche zu “Elternbegleitete Eingewöhnung Schule” ,”Elternbegleitete Einschulung” und “Bindungsorientierte Einschulung” ergab null Treffer. Toll, dass die Freie Montessori Schule Trier etwas lebt, was es laut Google gar nicht gibt … ?

Es gab allerdings einige Artikel die betonen, dass die Kinder am ersten Schultag ohne Eltern ins Klassenzimmer gehen müssen und dass das ja auch gut sei. Die Kinder müssten schließlich selbständig werden. Es ärgert mich immer wieder, wenn Erwachsene davon überzeugt sind, sie seien die “Macher” der Selbständigkeit ihrer Kinder … und ohne ihr Schubsen würden die Kinder nie selbständig. Alle Kinder wollen sich von ihren Eltern lösen … das ist ihr innewohnendes Entwicklungsbedürfnis … und sie machen diesen Schritt freudig und stolz, wenn sie sich sicher genug fühlen. Es geht immer wieder um das Vertrauen in die Kinder, dass sie den nächsten Entwicklungsschritt aus eigenem Antrieb machen, wenn sie dazu bereit sind. Und nicht wenn die Erwachsenen meinen, jetzt sei der Zeitpunkt gekommen oder wenn Institutionen vorgeben, wann der Tag X da ist.

In der Lerngruppe unserer Tochter sind Kinder zwischen 8 und 6 Jahren. Da ist doch klar, dass der Tag X nicht für alle Kinder der gleiche Tag sein kann, oder? Da liegen rein biologisch zwei Jahre dazwischen, die Spanne der Entwicklung ist noch weit grösser.

Klar sind da Kinder dabei, die den Schuleintritt auch ohne vorhergehenden Bindungsaufbau zu den pädagogischen Fachkräften schon bewältigen können. Aber es sind auch Kinder dabei, für die dieser Schritt von großer Angst begleitet ist. Von diesen Kindern wiederum werden einige ihre Angst bewältigen können, andere nicht. Für die ist der Schuleintritt dann traumatisch. Traumatisch bedeutet, dass die Angst so groß ist, dass das Gehirn überfordert ist mit den bekannten langfristigen Folgen.

Angstfreiheit ist die zentrale Voraussetzung für Lernen. Eltern und Lehrer/innen möchten in Schulen Voraussetzungen schaffen, dass die Kinder gut lernen können. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass bewusst in Kauf genommen wird, dass manche Kinder schon bei der Einschulung auf der Strecke bleiben.

Es geht aber anders, wie unsere Erfahrung mit der Freien Montessori Schule Trier zeigt. Ein herzliches Dankeschön dafür!