von SusanneStroppel | Jan 20, 2015 | Uncategorized
Ich war Anfang der 70er Jahre ein Kindergartenkind – in einer süddeutschen Kleinstadt. Die meisten Kinder meiner Gruppe waren in unserem Ort geboren, sie lebten mit Mutter und Vater und waren überwiegend katholisch. Pro Gruppe gab es maximal ein bis zwei Kinder, deren Eltern in der Türkei geboren waren. Erziehungsvorstellungen der Eltern waren sehr ähnlich. Die Väter waren erwerbstätig, die Mütter versorgten die Kinder und den Haushalt. Wenn Frauen berufstätig waren, dann arbeiteten sie im eigenen Geschäft mit. Was Familien vor allem voneinander unterschied, war das Einkommen der Eltern.
Unser Sohn besucht eine katholische Kita in Trier. Er hat 4 engere Kindergartenfreunde: Ein Mutter ist allein erziehend, ein Elternpaar besteht aus einer in Frankreich geborenen und aufgewachsenen Mutter und einem in Griechenland geborenen und aufgewachsenen Vater, die Mutter von M. ist in Ungarn geboren und aufgewachsen – der Vater ist in Trier geboren und aufgewachsen, die Eltern von E. kommen aus Kasachstan und haben dort die ersten Jahre ihrer Kindheit gelebt und wir sind ein binationales lesbisches Paar und unsere Kinder sind als Pflegekinder zu uns gekommen. Und wir fünf Familien sind nur ein kleiner Ausschnitt der Kita-Vielfalt. Ca. die Hälfte aller Kita-Kinder gehört keiner Konfession oder einer anderen (als der katholischen) an. Es gibt Patchworkfamilien, eine weitere Familie mit Pflegekindern,viele andere Nationalitäten, einen allein erziehenden Vater, Mütter die ganztags, halbtags oder gar nicht einer Erwerbstätigkeit nachgehen, usw. .
Kinder wachsen heute in einer von Vielfalt geprägten Gesellschaft auf. Unsere Welt ist – zum Glück – bunter geworden. Reich an verschiedenen Lebens- und Familienmodellen – und eines ist so gut wie das andere. Und v.a. auch: eine Lebensform ist so normal wie die andere! Als normal erleben Kinder ihre eigene Lebensform jedoch nur, wenn die Kita diese Lebensform spiegelt. Zum Beispiel: Welche Bilderbücher bietet eine Kita an? Können sich alle Kinder darin mit ihrer Familienform wiederfinden? = für “unsere” Kita: gibt es in den Büchern allein erziehende Mütter und Väter, gibt es Kinder, die zwei Mütter und/oder zwei Väter haben, gibt es Mehrsprachigkeit, verschiedene Hautfarben, erwerbstätige und nicht erwerbstätige Mütter, gläubige, andersgläubige und nicht gläubige Menschen …? Über solche Dinge zeigt sich, welche Norm eine Kita vertritt. Passen alle Kinder, passt die Vielfalt der realen Familienverhältnisse in diese Norm oder wird einzelnen Kindern signalisiert, dass sie bzw. ihre Familien “nicht normal” sind? (…). Aus dieser Perspektive ist der gut gemeinte Vater-Kind-Nachmittag, der an der Eingangstür beworben wird, zu hinterfragen. Mit diesem Angebot wird halt auch eine Norm vermittelt – auch wenn das gar nicht die Absicht ist.
Dieses kleine Beispiel zeigt auch, wie herausfordernd es ist, der Lebensvielfalt in der Kita gerecht zu werden. Uns fällt oft gar nicht auf, dass wir über das, was wir tun. Normen weiterschreiben. Und uns fällt oft gar nicht auf, wie einseitig eine Kita eine bestimmte Kultur vertritt – obgleich die Vielfalt der Kinder ungleich größer ist. Kinderbücher, Puppen und andere Spielfiguren zeigen vorwiegend hellhäutige Kinder, die Bücher erzählen v.a. Geschichten aus dem Leben deutscher bürgerlicher Mittelschichtsfamilien.
Die Wirkung: Kinder, die sich von dieser Monokultur unterscheiden, empfinden sich als “anders” – und erhalten auch kaum Unterstützung, die eigenen Lebenserfahrungen zum Ausdruck zu bringen. Ein Beispiel: Alle Bilderbücher zeigen Mütter, die liebevoll den Tisch decken, eine um diesen fröhlich sitzende Familie incl. Vater und Geschwisterkind, geduldige und kompetente Eltern, gemeinsame Unternehmungen, am Abend die Gute-Nachtgeschichte und und ein einladendes Kinderbettchen in einem schönen Kinderzimmer. Wie mag ein Kind sich fühlen, dessen alltägliche Erfahrungen andere sind? Wer hilft ihm, seine eigene Lebenswelt wahrzunehmen und eine Sprache dafür zu finden.
Vielfalt mögen ist leicht und zeitgemäß, Vielfalt leben nicht.
Die rheinland-pfälzische Initiative Queernet hat es sich zur Aufgabe gemacht, zu einer gelebten Vielfalt in Kitas und Schulen beizutragen. Queernet wird vom Ministerium für Integration, Familie, Frauen und Kinder gefördert und stellt die Akzeptanz homosexueller, bisexueller und transsexueller Lebensformen, sowie die Freiheit von vorgegebenen Geschlechterrollen in den Mittelpunkt.
In Trier wird Queernet von Susanne Schwarz vertreten. Sie arbeitet mit angehenden Erzieherinnen und besucht Kita-Teams, um diese dabei zu unterstützen in ihrer Einrichtung ein Klima zu schaffen, in der sich alle Menschen wohl und akzeptiert fühlen. Queernet hat den sog. Kita-Koffer entwickelt. Das ist ein realer roter Koffer mit Bilderbüchern und Begleitmaterial zum Thema Vielfalt. Interessierte Kitas können sich diesen für einige Zeit ausleihen und erhalten auch Hilfestellung, um ihn in ihrer täglichen Arbeit einzusetzen.
Es hat uns sehr gefreut, dass “unsere” Kita auf unsere Anregung hin Susanne Schwarz für einen Abend ins Team eingeladen hat. Auch dass ist gelebte Erziehungspartnerschaft – dass Eltern Möglichkeiten erhalten, sich mit ihren Interessen und Perspektiven einzubringen.
von SusanneStroppel | Jan 6, 2015 | Uncategorized
Über die Wilde 9 habe ich schon ein paar Mal geschrieben:
Darf ich vorstellen: Die Wilde 9
Inspiration 1 aus der Wilden 9: Das Kokeltablett
Inspiration 2 aus der Wilden 9: Aus schönen Dingen bunte Bilder legen
Inspiration 3 aus der Wilden 9: Die Linsenwanne
Die Wilde 9 ist eine Kita, die sich u.a. durch ihre Beziehungsorientierung auszeichnet. Respektvolle und gleichwürdige Beziehungen zu den Kindern werden nicht nur im Konzept groß geschrieben, sondern auch gelebt. Dies erfordert von den Erwachsenen eine beständige Weiterentwicklung ihrer (Fach)Persönlichkeit. Entsprechend kommt der Erziehungspartnerschaft zwischen den Eltern und den Mitarbeitern in der Wilden 9 eine große Bedeutung zu. Anja Niemand, Mit-Gründerin der Wilden 9 und Mitarbeiterin war so freundlich, für unser Projekt “Erziehungspartnerschaft” hier in Trier einen Text zu verfassen und uns an ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen. Hier der Beitrag von Anja Niemand:
Das pädagogische Team sollte eine gemeinsame Wertegrundlage erarbeitet haben. Unsere Wertegrundlage ist das Menschenbild der Bahá’í- Lehren.
In einigen Sätzen beschrieben:
- Jeder Mensch wird als „Bergwerk, reich an Edelsteinen von unschätzbarem Wert“ betrachtet.
- Jeder Mensch strebt bewusst oder unbewusst danach, seine in ihm liegende „Bestimmung“ zu erfüllen, sowohl auf geistiger wie auch auf körperlicher Ebene.
- Jeder Mensch wird mit sinnvollen, „guten“ Eigenschaften und Anlagen geboren.
- Jeder Mensch hat die Freiheit und die Fähigkeit, für sich selbst sinnvolle Entscheidungen zu treffen.
- Alle Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Volkszugehörigkeit sind gleichwürdig.
Dann gibt es einige psychologische Annahmen, die die Arbeit des Teams beeinflusst, die u.a. aus den Erfahrungen von Jesper Juul hervorgegangen sind.
- Jeder Mensch hat das Bedürfnis für andere Menschen wertvoll zu sein. Teil einer Gemeinschaft/ Familie zu sein ist ein existenzielles Bedürfnis jedes Menschen.
- Jeder Mensch steht im inneren Konflikt, einerseits seine Integrität schützen/ wahren zu wollen, anderseits mit den Menschen, für die er wertvoll sein möchte, zu kooperieren. Das schafft ein Spannungsfeld, das immer zugunsten der Kooperation mit den Menschen ausfällt, für die jemand wertvoll sein will. Jedoch kann das Integritätsgefühl eines Menschen dadurch sehr verletzt werden.
- Jegliche Beziehungen können nur gelingen, wenn beteiligte Menschen einen Kontakt auf gleichwürdiger Ebene miteinander etablieren.
- Jede Familie hat ihre individuelle Prägung. Erwachsene und Kinder einer Familie treffen bewusst oder unbewusst Entscheidungen darüber, was ihnen wichtig ist, wie sie miteinander leben wollen. Die Qualität ihres Zusammenlebens wird jedoch vorrangig durch die Art und Weise ihres Umgangs miteinander geprägt. Jede Familie ist eine energetische Einheit, da alle füreinander wertvoll sein möchten und alle Mitglieder für die Gemeinschaft „arbeiten“, um Entwicklung zu ermöglichen.
Aus diesen Annahmen ergeben sich Überlegungen in Bezug auf die Qualität von Erziehungspartnerschaften zwischen Eltern und Mitarbeitern.
- Kinder als das wichtigste Gut ihrer Eltern ansehen
Wenn Eltern entscheiden, ihre Kinder anderen Menschen anzuvertrauen, z. B. sie in einen Kindergarten zu schicken, dann erweitern sie ihre Familie um Menschen, denen sie darin vertrauen müssen, dass ihr Wertvollstes, nämlich ihre Kinder sowohl Raum für Wachstum bekommen als auch Schutz und liebevolle Beziehung und Begleitung. Das ist ein sehr kritischer Prozess, der bei Eltern bewusst oder unbewusst starke Gefühle auslösen kann. Um dieses Vertrauen, das die Eltern den Pädagogen entgegenbringen, zu würdigen, und der Unsicherheit Raum zu geben, ist es den Mitarbeitern wichtig, die Eltern einerseits in den Kindergarten einzuladen, ihn kennenzulernen und dabei so transparent wie möglich zu sein, anderseits auch die Familie zu besuchen, sich entspannt kennenzulernen, die Geschichte des Kindes zu erfahren, die Besonderheiten kennenzulernen und sich selbst sichtbar zu machen. Die Erfahrung des Teams ist, dass Eltern dankbar sind für diesen Raum, der ihnen angeboten wird, in dem sie erfahren, dass sie nicht „falsch“ sind, dass sie ernst genommen werden, dass Unterschiede als Bereicherung gesehen werden, dass ihre Kinder so, wie sie sind, bei ihnen willkommen sind und so auch ihre Eltern.
- Professionelle Haltung der PädagogInnen
Hier können die Eltern erfahren, auf welche Weise die Pädagogen mit dem umgehen, was in Zukunft für sie wichtig sein wird. Dabei ist natürlich eine professionelle Haltung wichtig, die jedoch sehr persönlich sein sollte. Persönlich bedeutet: ich zeige mich mit meinen Gefühlen, Gedanken und Erfahrungen und biete sie an. Das sollte nicht mit „privat“ verwechselt werden. Wenn sich ErzieherInnen „privat“ zeigen, kann es passieren, dass sie ihre Unabhängigkeit gefährden, sich mit Eltern „verstricken“. Dann kann es schwierig werden, auch kritische Punkte anzusprechen oder sich persönlich abzugrenzen, wenn das nötig werden sollte.
- Umgang mit schwierigen Themen
Als Mitarbeiter toleriere ich die unterschiedlichen Wertesysteme von Familien in dem Wissen, dass es da oft kein „richtig“ oder „falsch“ gibt, ausgenommen, wenn Gewalt in Familien ein Problem ist. Erleben wir, dass es einem Kind nicht gut geht, dann fragen wir nach ohne Prognose oder Vorurteil. Hier geht es auch um die Art und Weise, wie wir mit den Eltern ins Gespräch kommen und die darüber entscheidet, wie weit sich Eltern öffnen können oder wollen, wie weit sie Anregungen oder auch Hilfe in Anspruch nehmen können oder wollen. In den meisten Fällen sind Eltern dankbar dafür über ihre Lebenssituation sprechen zu können. Sie fühlen sich „gesehen“ und entlastet. Oft verändert allein ein solches Gespräch die „Energie“ in einer Familie und das Kind erscheint uns im Kindergartenalltag entspannter und kraftvoller. Es gibt immer wieder die Situation, dass wir Familien intensiver begleiten durch kontinuierliche Gespräche über die Entwicklung ihres Kindes im Kindergarten.
Eltern können jederzeit um Elterngespräche bitten oder sich in eine Liste mit Terminen für Elterngespräche eintragen. Diese Gespräche werden dann vom gesamten Team vorbereitet während einer Teamsitzung anhand eines Entwicklungsbogens, den das Team im Laufe der Jahre für sich entwickelt hat. Dieser Bogen ist dann Gesprächsgrundlage für das Elterngespräch, das etwa 1 Stunde dauert.
Vierteljährig finden Elternabende statt, die so strukturiert sind, dass Eltern sich besser kennenlernen können, mit einem pädagogischen Impulsreferat zum Austausch angeregt werden und während der das pädagogische Team Einblicke in die aktuelle Situation des Kindergartenalltags gibt. Oft gibt es auch „Organisatorisches“, das jedoch nie im Mittelpunkt eines Abends steht. Für die MitarbeiterInnen ist es wichtig, gemeinsames Gespräch und Austausch zu initiieren, eine Atmosphäre zu schaffen, in der alles sein darf- auch konfliktträchtige oder kritische Beiträge oder Themen. Oft werden auch gemeinsam Feste vorbereitet.
Die Feste im Kindergarten sind die Höhepunkte des Kindergartenjahres und werden von den MitarbeiterInnen, Eltern und Kindern getragen. Sie schaffen ein starkes Gemeinschaftsgefühl und auch eine starke Identität mit dem Kindergarten. Sie sind so ausgerichtet, dass alle beitragen und mithelfen können, alle für die Feste in ihrem Maß mitverantwortlich sind. Drei Feste sind Familienfeste: Das Sommerfest, das Herbstfest und das Lichterfest. Den Fasching feiern die Kinder mit ihren BegleiterInnen.
Im Kindergarten gibt es eine Elternbibliothek mit Büchern, die uns relevant erscheinen und die von Eltern und Mitarbeitern ausgeliehen werden können.
In unterschiedlicher Form finden Elternseminare statt, abhängig vom Interesse der Eltern. Sie werden strukturiert von den MitarbeiterInnen angeboten oder finden als Open- space Seminare statt.
Eltern unterstützen sich gegenseitig, indem sie Kleidung im Kindergarten tauschen, Fahrgemeinschaften organisieren oder ein Bauer die Eltern mit Bio- Gemüsekisten versorgt.
Anmerkung: die Aufzählung ist sicher nicht vollständig und das Thema unterliegt der Entwicklung.
Anja Niemand, Januar 2015
von SusanneStroppel | Dez 16, 2014 | Uncategorized
Liebe Eltern und Erzieherinnen der Kita St. Paulin
Ausgehend von der guten Elternarbeit in der Kita soll diese weiterentwickelt werden zur gelebten Erziehungspartnerschaft.
Früher hieß es Elternarbeit, heute geht es um die Gestaltung einer Erziehungspartnerschaft. Was ist anders? Was ist neu?
Bei der klassischen Elternarbeit geht es hauptsächlich darum, die Eltern über das, was in der Kita passiert, zu informieren. Organisatorische Punkte, Aktivitäten in der Kita und die Entwicklung des Kindes sind mögliche Inhalte des Informationsflusses.
Demgegenüber bringt der Begriff „Erziehungspartnerschaft“ den Anspruch an die Zusammenarbeit zum Ausdruck. Eltern und Erzieherinnen tauschen sich aus z.B. über ihre Wahrnehmung vom Kind, über ihre Erziehungsziele und Werte. Es geht um eine gemeinsame Förderung und Begleitung des Kindes und das „gemeinsam“ muss für das Kind auch erfahrbar sein. Ein Kind fühlt sich dann wohl, sicher und geborgen, wenn es seine wichtigen Bezugspersonen miteinander in einem lebendigen Kontakt erlebt.
Um den Weg von der Elternarbeit zur Erziehungspartnerschaft gemeinsam zu gehen, rufen wir – Rita Braun, Judith S.[1], Susanne Stroppel und Karin Weyer[2] – die Projektgruppe „Erziehungspartnerschaft“ ins Leben. Diese Projektgruppe soll idealerweise besetzt sein aus Eltern und Erzieherinnen. Wir werden uns ca. alle 6 Wochen treffen, um die bisherige Zusammenarbeit von Eltern und Erzieherinnen zu reflektieren und weiter zu entwickeln.
Liebe Erzieherinnen – ohne Euch geht es nicht! Wir freuen uns über jede, die mit macht und die Projektgruppe mit ihrer Perspektive und mit ihren Ideen bereichert!
Liebe Eltern – ohne Euch geht`s auch nicht! Wir freuen uns über jede und jeden, die/der Lust hat, mitzuarbeiten. Viele Eltern in der Gruppe bedeutet viel Elternvielfalt in der Gruppe. Und auch das ist ein wichtiger Punkt bezüglich Erziehungspartnerschaft. Eltern brauchen hier vielleicht Unterschiedliches, um sich in der Kita wohl zu fühlen.
- Treffen: Do 22.01.2015 18:30 -21:00 in der Kita St. Paulin
Wer Fragen hat und/oder wer Lust hat mitzumachen – meldet euch gerne bei Susanne Stroppel:
SusanneStroppel@KaSu.lu
Oder Mobil: 0170-5204757
Wir wünschen allen Eltern und Erzieherinnen wunderschöne Festtage und ein gutes Neues Jahr!
Rita B., Judith S., Susanne Stroppel und Karin Weyer
[1] Mama von J., Sonnengruppe
[2] Mamas von Noel, Sonnengruppe
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von SusanneStroppel | Dez 4, 2014 | Uncategorized
Dass uns zur Zeit die Zusammenarbeit von Eltern und pädagogischen Fachkräften interessiert, darüber haben wir in unserem letzten Blogbeitrag Eltern in der Kita – von der klassischen Elternarbeit zur Erziehungspartnerschaft geschrieben. Und dass wir uns in den Elternausschuss der Kita unseres Sohnes (und bald auch unserer Tochter … ) haben wählen lassen, um einen guten Rahmen für unser Engagement zu haben.
Nun war die erste Sitzung des neuen Elternausschusses. Dieser ist dieses Jahr erfreulich gut besetzt – 10 Mütter und ein Vater haben sich wählen lassen, um sich für die Kita zu engagieren und an dem, was dort passiert, teilzuhaben. Das ist toll. Viele Menschen können gemeinsam einfach viel bewegen. So ist das.
Karin und ich haben haben ein bisschen davon erzählt, was uns zum Thema Erziehungspartnerschaft bewegt und beschäftigt. Uns geht es um eine enge Zusammenarbeit von Eltern und Erzieher/innen. Diese Zusammenarbeit kann nur fruchtbar sein und – zum Wohl des Kindes – ihr ganzes Potential entfalten, wenn sich Eltern und Erzieher/innen gut kennen. Eine vertrauensvolle und respektvolle Beziehung braucht Zeit zu wachsen und beginnt mit der ersten Begegnung. Somit kommt jedem Aufnahmegespräch, jeder Tür- und Angel Begegnung, jedem Elternabend, jedem Fest und jedem Entwicklungsgespräch eine große Bedeutung zu. Jedes Mal machen die Eltern eine Erfahrung mit der Kita und mit den dort tätigen Mitarbeiter/innen. Erleben die Eltern: “Ich fühle mich wohl und willkommen”, “Ich fühle mich wahrgenommen als der Mensch, der ich bin, mit meinen Stärken und Schwächen, mit meinen Interessen, mit meiner Lebenssituation “, “Die Erzieher/innen interessieren sich für meine Erziehungsziele und -werte”, “Die Erzieher/innen interessieren sich dafür, wie ich mein Kind wahrnehme und erlebe”, “Ich erlebe mich als wertvoller Teil der Kita-Gemeinschaft” …, dann wächst eine vertrauensvolle Beziehung. Machen die Eltern gegenteilige Erfahrungen, werden sie misstrauisch, vorsichtig und unsicher. Viele gehen dann auf sichere Distanz. Die Begegnungen sind dann geprägt von formaler Korrektheit und einer gewissen Oberflächigkeit. Was einen wirklich bewegt und beschäftigt, wird nicht geäußert.
Das ist jetzt die Elternperspektive. Spannend wäre es zu erfahren, was Erzieher/innen von Eltern, vielleicht auch von der Leitung / vom Träger brauchen, um zu Eltern eine lebendige und authentische Beziehung aufzubauen.
Weil uns die Perspektive der pädagogischen Mitarbeiter/innen sehr interessiert – und weil es ohne sie sowieso nicht geht! – haben Karin und ich die Idee eingebracht, eine Projektgruppe “Erziehungspartnerschaft” zu gründen. Diese Projektgruppe setzt sich idealerweise aus Eltern und Erzieher/innen zusammen, trifft sich ca. alle 6 Wochen für ein paar Stunden und setzt sich zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen Familie und Kita zu reflektieren und weiter zu entwickeln.
Unsere Idee stieß auf Interesse und auf eine große Offenheit. Dafür – und für das Vorschussvertrauen – möchten wir uns ganz herzlich bei den Anwesenden des Elternausschusses bedanken. Spontan haben die Leiterin der Kita und eine Mutter ihre Mitarbeit an der Projektgruppe zugesagt. Das ist toll.
Wir werden nun in einem nächsten Schritt einen Brief formulieren, um Eltern und Erzieher/innen das Projekt “Erziehungspartnerschaft” vorzustellen und um sie einzuladen, an der Projektgruppe mitzuarbeiten. Wir werden auch Eltern persönlich ansprechen und einladen mitzumachen.
Parallel dazu werden wir die Rubrik “Erziehungspartnerschaft” unseres Blogs dazu nutzen, den Prozess zu dokumentieren. Erzieher/innen und Eltern “unserer” Kita können die Kommentarfunktion nutzen, um sich einzubringen oder gerne auch Gastbeiträge schreiben. Auch Beiträge “externer” Eltern und Fachkräfte sind herzlich willkommen.
Soweit erst mal zum Stand der Dinge.
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von SusanneStroppel | Nov 20, 2014 | Uncategorized
Wir sind viel unterwegs in Kindertagesstätten sowohl in Luxemburg als auch in Deutschland. Dabei erleben wir Kita aus zwei Perspektiven: Wir sind in der Supervision / Weiterbildung von Erzieher/innen tätig und wir sind Eltern eines Kita-Kindes.
Ein Thema begegnet uns in beiden Ländern und in beiden Rollen: Die Beziehung zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften – die derzeit einem großen Wandel unterliegt.
Früher war der Kindergarten ein vom Elternhaus klar getrennter Lebensraum. Eltern – meist die Mütter – waren dafür verantwortlich, die Kinder pünktlich zu bringen und abzuholen. “Elternarbeit” bedeutete:
- Eltern an Elternabenden im “Frontalunterricht” zu informieren und zu belehren (anstatt echten Austausch zu fördern)
- Eltern einzubeziehen, das erschöpfte sich darin, dass die Mütter eingeladen wurden, Kuchen für das Sommerfest zu backen und die Väter gebeten wurden, die Gartenbänke zu streichen (anstatt ein wirkliches Sich-Einbringen zu ermöglichen)
- den Eltern Ergebnisse (Mal- und Bastelproduke) zu präsentieren (anstelle von Entwicklungsgesprächen, die Auskunft über die individuelle Entwicklung eines Kindes geben)
- Einfluss auf das Erziehungsverhalten der Eltern zu nehmen (anstatt sich zu bemühen, die Eltern kennen zu lernen und ihr Verhalten zu verstehen).
“Elternarbeit” wurde also eher als “Zuarbeit der Eltern” verstanden – damit der Kindergarten und v.a. die Kinder im Kindergarten “funktionierten”.
Heute messen die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen der Länder der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Erzieher/innen einen hohen Stellenwert bei. Aus “Elternarbeit” wurde “Erziehungspartnerschaft”. Ziel ist es, jedem einzelnen Kind bestmögliche Entwicklungsbedingungen anzubieten und das Kindeswohl zu maximieren.
Dem Konzept der Erziehungspartnerschaft zugrunde liegen v.a. drei Erkenntnisse:
- Kinder fühlen sich dann wohl, sicher und geborgen, wenn sie spüren, dass ihre wichtigsten erwachsenen Bezugspersonen miteinander verbunden sind – “Mama vertraut meiner Erzieherin, also kann ich ihr auch vertrauen” (für Kinder gibt es ein Kinderleben und keine getrennten Lebensräume …). Dabei geht es nicht darum, dass Eltern und Erzieher/innen “an einem Strang” ziehen, sondern dass sie in einer lebendigen, authentischen und respektvollen Beziehung zueinander sind. Kurz: es geht nicht um Harmonie, sondern um Beziehung!
- Pädagogische Fachkräfte können ein Kind nur dann verstehen und auf seinem Weg hilfreich begleiten, wenn sie die familiäre Lebenswelt des Kindes gut kennen. Es sind nun mal die Eltern, die ein Kind am allermeisten prägen. Jesper Juul schreibt in seinem Buch “Familienberatung”: “In Anbetracht des heutigen Wissens über die psychische Entwicklung des Menschen gibt es keine sachlichen Argumente mehr dafür, die Familie in Eltern auf der einen und Kinder auf der anderen Seite aufzuspalten. Natürlich werden wir noch eine Weile damit leben müssen, durch unsere Ausbildungen darauf vorbereitet zu werden, uns entweder der Kinder oder der Eltern anzunehmen … .” In der Vision von Jesper Juul sind Erzieher/innen klar Familienbegleiter/innen.
- Eltern haben sich verändert. Sie wollen mitsprechen, sie wollen mitgestalten und sie fordern immer mehr, die individuelle Situation ihrer Familie zu beachten. Und: Eltern tun nicht mehr einfach, was von ihnen aufgrund ihrer Rolle erwartet wird. Wenn sie den Kuchen nicht backen wollen, backen sie ihn nicht. Wenn sie nicht zum Elternabend kommen wollen, kommen sie nicht. Wenn sie nicht im Garten der Kita arbeiten wollen, bleiben sie dem “Gartentag” fern. Es liegt dann nahe, von desinteressierten, bequemen und unmotivierten Eltern zu sprechen oder – O-Ton einer Erzieherin: “Es sind immer die gleichen Eltern, die sich zu Lasten der anderen Eltern vor so was drücken”. Oder ” Zu den Infoveranstaltungen kommen immer nur die Eltern, die es am wenigsten brauchen”. Bewerten ist so viel leichter, als neugierig und offen die Beweggründe des anderen zu erforschen. Bewerten ist uns auch so viel vertrauter. Die meisten von uns sind einfach in dieser Bewertungskultur groß geworden – wir alle wurden so oft bewertet und so wenig wahrgenommen und verstanden. Aber nur, wenn sich pädagogische Fachkräfte darum bemühen, gerade zu “Fernbleibern” eine Beziehung aufzubauen, haben sie eine Chance, diese zu erreichen – zum Wohle der Kinder.
Der Weg von der alten Elternarbeit hin zu Erziehungspartnerschaft macht also viel Sinn.
Im Konzept sind die beiden Begriffe schnell ausgetauscht – statt von “Elternarbeit” sprechen wir nun eben von “Erziehungspartnerschaft”. Im Kopf und im Handeln geht das leider nicht so schnell – da gibt es viele alte Glaubenssätze und Gewohnheiten, die erst mal verabschiedet werden müssen. Im realen (Kita)Leben bedeutet der Austausch der Begriffe eine große Veränderung – für beide Seiten!
Das Ausmass der Veränderung wird klar, wenn man eine Definition von “Erziehungspartnerschaft” betrachtet:
„Erziehungspartnerschaft begreift die Zusammenarbeit von Eltern und Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen. Der Aspekt der Zusammenarbeit unterscheidet Erziehungspartnerschaft von Elternarbeit. Bei der Erziehungspartnerschaft handelt es sich nicht um einen einseitigen Informationsfluss, ausgehend von der Erzieherin
hin zu den Eltern. Erziehungspartnerschaft ist vielmehr ein partnerschaftlicher Lernprozess: Eltern und Erzieherinnen diskutieren über
Ziele und Methoden der Erziehung von Kindern, die dabei auftauchenden
Probleme und Lösungsvorschläge. Dabei bringen Eltern
und Erzieherinnen gleichberechtigt ihre spezifischen Kompetenzen
für das Kindeswohl in die Erziehungspartnerschaft ein.“
nach: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, 1997
Gemeinsam lernen bedeutet: Sowohl Eltern als auch Erzieher/innen sind Lernende! Früher hatten die Erwachsenen klare Werte, Erziehungsziele und Erziehungsmethoden. Von diesen waren sie überzeugt. Sie haben sich nicht in Frage gestellt. Und alle teilten die gleichen Vorstellungen und Werte. Heute wissen wir, wie wenig wir wissen. Es gibt so viel neues Wissen und neue Erkenntnisse über die Entwicklung von Kindern. Es gibt so viel zu lernen. Und die eigene Begrenztheit und Unsicherheit wahrzunehmen und sich auf den (Lern)Weg zu machen, wird heute als Ausdruck von Selbstbewusstsein, als Stärke, betrachtet. Von den Kindern fordern wir immer, voneinander und miteinander zu lernen – “spielt doch zusammen!”. Wir Erwachsenen gehen ihnen da selten mit gutem Beispiel voran. “Spielt doch zusammen, Eltern und Erzieher/innen!. Tauscht euch aus über eure Wahrnehmungen vom Kind, über eure Erziehungsziele und -methoden, über die dabei auftretenden Schwierigkeiten und Fragen”.
Damit aus der erst mal leeren Worthülse eine echte, gelebte Erziehungspartnerschaft wird, müssen sich beide Seiten bewegen:
Eltern müssen sich der Erziehungpartnerschaft öffnen. Sie müssen es wagen, sich mit ihren Gefühlen, Bedürfnissen, Werten und Überzeugungen zu zeigen. Sie müssen wissen wie wichtig es ist, ihre Familiensituation transparent zu machen und Belastungen nicht zu verschweigen. Sie müssen offen über die Beziehung zu ihrem Kind sprechen – über das, was gelingt und über das, was schwierig ist. Und sie müssen sich von alten Gewohnheiten verabschieden, z.B. “mein Part ist, mein Kind morgens in die Kita zu bringen und es am Abend wieder abzuholen”. All dies tun Eltern nur auf der Basis einer vertrauensvollen Beziehung – d.h. wenn sie sich wahrgenommen, akzeptiert und verstanden fühlen.
Pädagogische Fachkräfte müssen bereit und fähig sein, zu Eltern eine Beziehung aufzubauen. Das bedeutet: sie müssen persönlich werden, sie müssen sich zeigen, mit ihren Gefühlen, Bedürfnissen, Wahrnehmungen, Werten und Überzeugungen. Sie müssen diese in einer persönlichen Sprache im Kontakt mit den Eltern ausdrücken lernen. Achtung: Persönlich bedeutet nicht privat. Ein/e Erzieher/in darf gerne ihre Privatsphäre schützen, aber sie darf ihre Person nicht hinter einer Rolle verstecken. Und: Pädagogische Fachkräfte müssen Interesse zeigen für die Gefühle, Bedürfnisse, Werte und Überzeugungen der Eltern – z.B. für deren Erziehungsziele, für deren Erziehungsstil, für ihre Familiensituation …. . Auch das bedeutet nicht eine Verletzung der Privatsphäre der Familien. Es ist die Voraussetzung für Kontakt und Beziehung. Damit Erzieher/innen die eigene (Fach)Persönlichkeit weiter entwickeln können, müssen Träger und Leitungen hierzu Möglichkeiten bieten. Darüber hinaus müssen Pädagogische Fachkräfte bereit und fähig sein, ihre Arbeit transparent zu machen – warum sie was wie tun – und welche Schwierigkeiten dabei auftreten.
Uns ist echte Erziehungspartnerschaft ein großes Anliegen. Uns ist es wichtig, die pädagogischen Fachkräfte zu kennen, mit denen unsere Kinder einen großen Teil wichtiger Jahre verbringen. Uns ist es wichtig, mit den Erzieher/innen der Kita unserer Kinder in lebendiger und authentischer Beziehung zu sein. Uns ist es wichtig, dass die Lebenswelten unserer Kinder miteinander verbunden sind.
Deshalb haben wir uns entschieden, uns dafür zu engagieren. Damit unser Engagement einen Rahmen hat und in Austausch mit anderen interessierten Eltern passiert, haben wir uns in den Elternausschuss wählen lassen.
Unsere Vision
Kitas sind ein gemeinsamer Lebensraum von Kindern, pädagogischen Fachkräften und Eltern. In diesem Lebensraum findet jeder seinen Platz und erlebt sich als wertvoller Teil der Gemeinschaft. Die Erwachsenen übernehmen die Verantwortung für sich selbst und für die Qualität der Beziehungen zu den Kindern. Diese Beziehungen zeichnen sich durch Gleichwürdigkeit, Respekt und Authentizität aus. Die eigenen Bedürfnisse und Grenzen werden so vertreten, dass die Integrität und Würde des Anderen gewahrt bleibt.
Unsere Mission = was werden wir konkret tun, um unserer Vision eine Chance zu geben, in “unserer” Kita Realität zu werden? Was werden wir tun um gelebte Erziehungspartnerschaft in den Einrichtungen in denen wir arbeiten ein Stück mehr zur gelebten Realität werden zu lassen?
Etwas haben wir schon getan – wir haben diesen Blog-Beitrag geschrieben. Und wir haben auf unserem Blog eine neue Rubrik namens “Erziehungspartnerschaft” eröffnet. Dort werden wir den Prozess dokumentieren. Dieser Beitrag bildet den Auftakt. Wir laden alle Eltern und pädagogischen Fachkräfte (gerne auch Eltern und pädagogische Fachkräfte anderer Kitas!) dazu ein, über die Kommentarfunktion (oder über Gastbeiträge auf dem Blog) ihre Perspektive, ihre Meinung, ihre Bedürfnisse … einzubringen. Gerne kritisch, gerne kontrovers, gerne weiterführend, gerne natürlich auch anerkennend und wertschätzend. Wir freuen uns auf einen lebendigen Austausch!
Literatur:
Andrea Gerth: Auf dem Weg zur Erziehungspartnerschaft
Heidi Vorholz & Malte Mienert: Von der Elternarbeit zur Erziehungspartnerschaft
Martin R. Textor: Elternarbeit – auf dem Weg zur Erziehungspartnerschaft
von SusanneStroppel | Okt 21, 2014 | Uncategorized
Mich (Karin) freut einerseits, dass debattiert, diskutiert und gestritten wird, das ist etwas was mir in Luxemburg so lange gefehlt hat. Deshalb möchte ich auch einen kleinen Beitrag, meinen Gesichtspunkt, in die Diskussion einbringen.
Es geht um ein Modell oder zwei von Familie, als ob es nur die zwei Extreme gäbe. Entweder wird die Frau als Mutter zuhause bei ihren 3 oder 4 Kindern imaginiert, die glücklich voll und ganz in dieser Aufgabe aufgeht, oder es wird die Karrierefrau beschrieben, die 50 und mehr Stunden arbeitet und ihre Kinder abgibt, ja vernachlässigt.
Meiner Ansicht nach entspricht beides nicht der Realität. Alle Mütter müssen Entscheidungen treffen: Ob, wann und wie und wie lang und ab welchem Alter die Kinder von wem betreut werden. Und diese Entscheidungen sind nie leicht und meist sind es Kompromisse, die nicht gut sind, sondern bestenfalls tragbar. Jede Entscheidung, die getroffen wird hat Konsequenzen. So ist es nun mal. Nur eins darf nicht passieren, dass negative Konsequenzen den Kindern aufgebürdet werden.
Was mir aber in der Debatte fehlt ist immer noch das Kind. Was klar sein sollte ist, dass die Eltern, nachdem sie eine Bindung zu ihrem Kind aufgebaut haben (also nach einem guten Jahr) auf das Kind schauen sollten. Was ist das für ein Kind, wie reagiert das Kind auf Unruhe und Lärm? Wie reagiert das Kind auf andere Menschen? Ist das Kind für eine Krippe geeignet oder wäre es besser bei einer Person und in einer kleineren Gruppe also bei einer Tagesmutter/ Tagesvater aufgehoben? Oder ist mein Kind einfach noch nicht so weit, dass überhaupt schon eine Fremdbetreuung in Frage kommt? Danach können die Eltern eine Entscheidung treffen, was für ihr Kind Sinn macht.
Eins ist mir wichtig: Wenn Erwachsene sich entscheiden, Kinder zu haben, dann haben sie auch die Verantwortung, genau diese Abwägungen zu treffen. Das ist nicht leicht und manchmal irrt man sich auch. Egal wie, das was wir als Eltern tun hat Konsequenzen, die da sein können: Ein Elternteil sucht eine andere Arbeit, die vielleicht weniger weit weg vom Wohnort ist. Ein Elternteil gibt seinen Wunsch in den nächsten Jahre einen Karrieresprung zu machen auf, sucht eine Teilzeitstelle oder gibt seine Stelle auf. Hier gibt es finanzielle Konsequenzen zu tragen. Gegebenenfalls einen Modus der späteren Absicherung zu finden. Alles schwierige Entscheidungen. Wenn aber das Kind z.B. eher schwächlich ist, es vielleicht zu früh auf die Welt kam oder es ein Kind ist, was sehr schnell aus der Balance gerät, dann sind diese Entscheidungen nötig, richtig und wichtig.
Oder man entscheidet sich für eine Fremdbetreuung und sucht nach einer qualitativ guten Krippe oder Tagesmutter (immer noch lässt die Qualität in vielen Fremdbetreuungseinrichtungen zu wünschen übrig). Schwierige Entscheidungen auch hier. Hier liegt die Schwierigkeit nicht im Bereich der Finanzen. Die Konsequenzen hier sind: weniger Zeit mit dem Kind zu verbringen, vielleicht Entwicklungsschritte nicht im familiären Rahmen zu erleben, zu erleben, dass fremde Menschen mein Kind schon sehr früh prägen. Vielleicht auch die Frage, ob man dem Kind nicht zu viel zumutet. Die Konsequenz ist hier ggf mehr Organisationsaufwand und mehr Stress. Wenn das Kind sich aber gut entwickelt und die Eltern durch den beruflichen Ausgleich zufriedener sind, dann ist auch das eine gute und richtige Entscheidung.
Und vor allem kommt man beim ersten Beispiel vielleicht nach einem Jahr zu der Entscheidung doch wieder mehr erwerbstätig zu sein und im zweiten Beispiel vielleicht zu der Entscheidung doch beruflich zurückzuschalten, weil es sich eben anders entwickelt hat. Ja so ist das Leben und vor allem das Leben mit Kindern. Es ist eben nicht alles durchplanbar und es kommt eben oft anders als erwartet. Wenn die Eltern sich die Freiheit nehmen und das Kind und seine Entwicklung in den Fokus zu stellen, dann werden sie gute Entscheidungen treffen, egal wie die aussehen und egal wie irgendwelche anderen das finden.
Aber ehrlich gesagt, hat schon mal irgendjemand behauptet es wäre leicht und ginge völlig reibungslos. So ist das Leben eben und vor allem, so ist ein Leben mit Kindern. Wunderbar aufregend, manchmal anstrengend, oft weiss man nicht ob man das Richtige getan hat und manchmal weiss man, dass es falsch war. Aber immer wird es lebendig sein und solange es so ist, ist es gut.
Ich wäre froh wenn erstens in den Diskussionen mehr von den Kindern aus gedacht wird, und zwar von dem, was wir wirklich wissen. Hier sind wir Fachleute gefragt, das einzubringen und auch deutlich zu machen, wo wir von gesichertem Wissen ausgehen und wo wir unser persönliche Meinung kundtun.
Was also diskutiert werden sollte: Wie können Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit Eltern die primäre Bindung zu ihren Kindern aufbauen können. Wenn das gewährleistet ist, können wir uns über Modelle der Fremdbetreuung unterhalten. Was es hier dringend braucht ist ein Qualitätsschub, gar eine Qualitätsoffensive!
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