Wir veröffentlichen diesen ca. 6 Jahre alten Artikel im Kontext und im Sinne der Unterstützung der Petition “Mei Elteren – manner Staat”. Obgleich es Bemühungen gibt, die bemängelte Qualität zu verbessern, hat sich an den Rahmenbedingungen kaum etwas geändert. Was sich geändert hat: Immer mehr Einrichtungen praktizieren eine elternbegleitete Eingewöhnung. Sie können jedoch im Anschluss an die Eingewöhnung oft nicht gewährleisten, dass die eingewöhnende Erzieherin auch anwesend ist, um morgens das Kind in Empfang zu nehmen.

Viele Eltern wollen oder müssen nach der Geburt ihres Kindes wieder arbeiten und benötigen früher oder später (je nach Inanspruchnahme der Elternzeit ist das Kind zwischen 3 und 15 Monate alt) eine außerfamiliäre Betreuung.

Alle Eltern möchten, dass es ihrem Kind gut geht und dass es sich gut entwickelt. So wählen sie eine Betreuungsform (die verschiedenen Möglichkeiten stellt Corinne Lauterbour  in baby-info, Ausgabe April/Mai 2008 dar), von der sie glauben, dass sie die Entwicklung ihres Kindes unterstützt, sich zumindest nicht negativ auf diese auswirkt. Viele entscheiden sich für eine Crèche und wähnen ihr Kind dort gut aufgehoben. Schließlich ist es eine staatlich überprüfte (und häufig finanzierte, „konventioniert“ genannt) pädagogische Einrichtung mit größtenteils qualifizierten Mitarbeiter/innen.

Was viele Eltern nicht wissen: Die Qualität der Krippen in Luxembourg lässt in vielerlei Hinsicht zu wünschen übrig und wird häufig wissenschaftlichen Empfehlungen sowie eindeutigen, empirisch abgesicherten Erkenntnissen nicht gerecht. So gibt es in vielen Einrichtungen kein pädagogisches Konzept, keine elternbegleitete Eingewöhnung, keine Bezugspersonenorientierung, kein pädagogisches Personal, das speziell für die Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern ausgebildet ist und keine intensive Zusammenarbeit mit den Eltern. Auch die äußeren Rahmenbedingungen erschweren die Realisierung/Einhaltung dieser wesentlichen Qualitätskriterien. So liegt der Betreuungsschlüssel z.B. bei einer anwesenden pädagogischen Fachkraft auf 6 Klein(st)kinder und darf stundenweise überschritten werden (in Maisons Relais um 33%!). Erzieher/innen steht keine ausgewiesene Arbeitszeit für Elternarbeit zur Verfügung. Häufig gibt es auch keine Räumlichkeiten für Elterngespräche. Dabei ist eine enge Kooperation mit den Eltern eine der wichtigsten Voraussetzungen, damit sich ein Säugling/Kleinkind in der Krippe wohlfühlen kann.

Um eines ganz deutlich zu sagen: Wir (die Autorinnen) sind keine Krippengegnerinnen. In der Auseinandersetzung mit diesem Thema entwickeln wir uns mehr und mehr zu klaren Krippenbefürworterinnen. Wir befürworten die außerfamiliäre Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern, um ihnen (Bildungs-) Chancengleichheit, eine Vielfalt von Bezugspersonen und ihren Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Vorausgesetzt natürlich, die Eltern wünschen dies – und vorausgesetzt die Krippe zeichnet sich durch eine hohe Qualität aus.

Was hat (Bildungs-)Chancengleichheit mit Säuglings- und Kleinkindbetreuung zu tun?

Das Krippenalter ist die Zeit im Leben eines Kindes, in der es am meisten lernt. Kindliche Bildungsprozesse müssen von Anfang an durch erwachsene Bezugspersonen begleitet werden. Nicht alle Eltern können ihr Kind in all seinen Entwicklungsaufgaben gleichermaßen begleiten. Eine gute familienergänzende Betreuung kann wesentlich zur sozialen Chancengleichheit beitragen – wenn sich die Krippe als Bildungsstätte und nicht als bloße „Aufbewahrung“ versteht. Hierzu die Fachzeitschrift Kindergarten heute (Sonderheft, 2006, S. 43): „Die gewohnte Vorstellung von Kindertageseinrichtungen als Dienstleistungsangebot in Sachen Betreuung hält sich in Deutschland hartnäckig und blockiert deren Weiterentwicklung zu Bildungsorten für Kinder“. Dies gilt unserer Beobachtung nach auch für Luxemburg.

Eine Vielfalt an Bezugspersonen – warum ist das günstig für die kindliche Entwicklung?

Jeder Erwachsene, der mit einem Kind in eine enge Beziehung tritt – sei es als Eltern, Großeltern, Freund der Familie oder pädagogische Fachkraft – gestaltet diese Beziehung auf der Basis seiner individuellen Voraussetzungen. Erwachsene bringen sich mit ihrer Eigenart in die Beziehung zu einem Kind ein – mit ihren individuellen Stärken und Schwächen. Und das ist wunderbar so. Wie anders könnte ein Kind auf unsere unvollkommene und doch so liebenswerte Welt vorbereitet werden wenn nicht im Kontakt mit unperfekten und auf ihre Art und Weise liebenswerten Menschen. Wir alle haben unser eigenes Profil was unsere Fähigkeiten betrifft, unsere Werte, unseren Umgang mit Gefühlen, um nur einige Aspekte zu nennen. Ein Kind, das mehrere Bezugspersonen hat, hat viele Modelle. Es kann aus einem reichen Angebot an Vorbildern schöpfen und sie in seine kleine Persönlichkeit integrieren. Krippenbetreuung kann zu dieser Vielfalt an Bezugspersonen beitragen – vorausgesetzt die Kinder erleben in der Krippe gute Rahmenbedingungen und stabile Beziehungen.

Warum befürworten wir das Recht, Familie und Beruf zu vereinbaren?

Wie bejahen konsequent Vielfalt – in diesem Zusammenhang die Vielfalt der Möglichkeiten, das eigene Leben mit Kind zu gestalten. Unsere Vorstellung von staatlicher Verantwortung ist, Sorge dafür zu tragen, dass es für Eltern gute Rahmenbedingungen gibt, ihr Leben in Übereinstimmung mit ihren Bedürfnissen und Zielen zu gestalten. Darum ist es gut, wenn Krippenplätze ausgebaut werden. Dann kann jede Familie entscheiden, ob sie dieses Angebot annehmen möchte oder nicht (wobei wir ausdrücklich auch das Recht befürworten, als Vater/Mutter in den ersten Jahren beim Kind zuhause zu bleiben). Aber: Kindeswohl darf nicht Elternwünschen oder den Anforderungen des Arbeitsmarktes geopfert werden. Eine familienergänzende Betreuung muss kindlichen Grundbedürfnissen gerecht werden.

Not-wendig sind qualitativ hochwertige Betreuungsplätze

Dies gelingt nur, wenn die Betreuung qualitativ hochwertig ist und wenn alle Verantwortlichen (Politiker/innen, Träger, Expert/innen, pädagogische Mitarbeiter/innen und Eltern) sich in ökonomieorientierten Zeiten dafür engagieren, dass das Kindeswohl nicht auf der Strecke bleibt. Dazu möchten wir mit diesem Artikel einen Beitrag leisten. Unser Ziel ist es Eltern zu informieren, was Merkmale einer guten Krippe sind und welchen Beitrag sie selbst leisten können, wenn sie sich für diese Betreuungsform entschieden haben. Kriterien einer hochwertigen Krippenbetreuung werden nur auf der Basis kindlicher Grundbedürfnisse verständlich. Deshalb werden wir zunächst auf diese eingehen.

Was ein Baby braucht – die Sicherheit einer Bindungsbeziehung

Ein kleines Kind bringt die Bereitschaft sich zu entwickeln mit auf die Welt. Es lernt auch ohne großes Zutun der Erwachsenen laufen und sprechen. Aus eigenem Antrieb lernt es durch Erforschen seiner kleinen Welt deren Gesetzmäßigkeiten und Eigenarten kennen. Was passiert mit einem Ei, das ich aus dem Kühlschrank nehme und auf den Boden fallen lasse? Wie reagiert Mama dann? Erfreut wie gestern, als ich ihr ein Ei beim Kochen gegeben habe  oder …? Ein kleines Kind lernt immer und überall. Es kann nicht anders.

Kinder entwickeln sich aus sich heraus. Sie müssen in diesem Sinne nicht „gefördert“ werden. Aber: Kindliche Entwicklung ist von Anfang an ein Bildungsprozess, der Begleitung und Unterstützung benötigt. Ein großer Teil dieser Begleitung und Unterstützung ist die Bereitstellung einer „Sicheren Basis“ und eines „Sicheren Hafens“ für kindliche „Erkundungszüge“.

Bindung als Voraussetzung für Entwicklung und Lernen

Erkundungsverhalten ist die Basis für Entwicklung und Lernen. Das Kind geht neugierig auf seine Umwelt zu und erforscht sie. Es ist interessiert, Neues kennenzulernen und damit zu experimentieren. Weil damit immer auch Risiken einhergehen („Wer weiß, was passiert, wenn ich Neuland betrete oder Neues ausprobiere“) braucht das kleine Kind die Sicherheit der Nähe einer vertrauten Person.

Ist das Kind verunsichert, müde oder krank überwiegt das Bindungsverhalten. Das Baby sucht dann deutlich Unterstützung bei seiner Bindungsperson, indem es z.B. ihre körperliche Nähe sucht. Hat es sich beruhigt, fühlt es sich wieder sicher, geht es ihm wieder gut, macht es sich wieder auf, seine kleine Welt zu erkunden.

Bindungsverhalten und Erkundungsverhalten beschreiben also zwei Pole auf einem Kontinuum kindlichen Verhaltens. Wichtig ist: Erkundungsverhalten (und damit Lernen und Entwicklung) setzt die Sicherheit einer Bindungsbeziehung voraus. In der Praxis ist dies deutlich zu beobachten. Ein ängstliches, verunsichertes Kind hört sofort auf zu spielen.

Ein kleines Kind, das in der Beziehung zu seinen Bezugspersonen die Sicherheit einer Bindungsbeziehung nicht zuverlässig findet, ist in seiner Entwicklung also deutlich benachteiligt. Es wagt weniger und lernt dadurch weniger. Zusätzlich erlebt es viel Angst und Stress. Dadurch ist sein Gehirn nicht in einem lernbereiten Zustand. Von den wenigen Erfahrungen, die es macht, profitiert es also kaum. Erwachsene, die große Angst und Stress kennen, wissen: es lernt sich schlecht in diesem Zustand.

Wichtig ist hier: ein Kind findet die nötige Sicherheit nur in Bindungsbeziehungen, also im Kontakt mit Menschen, die ihm ausreichend vertraut sind. Auch dies kann im Kontakt mit kleinen Kindern leicht beobachtet werden. Ein stark verunsichertes oder geängstigtes Kind lässt sich nur von einer vertrauten Person trösten und beruhigen. Andere Menschen haben kaum eine Chance. Wir beobachten in Krippen regelmäßig häufig über Tage weinende Kinder, die sich von den Erzieher/innen nicht (dauerhaft) trösten lassen, da diese aufgrund fehlender elternbegleiteter Eingewöhnung nicht zu Bindungspersonen geworden sind.

Bindung – um nicht von Angst und Verzweiflung überflutet zu werden

Ein Klein(st)kind kann für sich alleine nicht überleben. Deshalb kommt es mit dem angeborenen Bedürfnis (und der entsprechenden Fähigkeit) sich zu binden auf die Welt. Sich binden bedeutet aus Kinderperspektive: „Ich gehe eine emotional intensive Beziehung zu einem Menschen ein, mit dem ich sehr vertraut bin. Ich habe wiederholt die Erfahrung gemacht: Dieser Mensch trägt zuverlässig Sorge für mich. Diese Beziehung gibt mir Sicherheit in einer Welt, in der ich alleine nicht überleben könnte. Bei Trennung reagiere ich deshalb mit großer Angst – wenn da nicht eine andere Person ist, an die ich aufgrund großer gegenseitiger Vertrautheit ebenfalls gebunden bin und die mir hilft, meine große Angst zu bewältigen. Denn auch das kann ich noch nicht alleine“.

Was bedeutet „Bei Trennung reagiere ich mit großer Angst“? Auf neurophysiologischer Ebene: das kindliche Gehirn wird überflutet mit Stresshormonen. Kürzlich Gelerntes wird dabei gelöscht. Die Speicherung neuer Gedächtnisinhalte wird blockiert. Auf der Ebene der Gefühle: Das Baby erlebt kaum auszuhaltende Angst, Panik, Hilflosigkeit und Verzweiflung. Nicht von ungefähr schreiben Laewen et al (2003, S. 17): „Es muss deshalb als ein schwerwiegender Mangel in der Qualität einer frühen Tagesbetreuung angesehen werden, wenn die Beteiligung von Eltern [im Sinne von Anwesenheit eines Elternteils solange bis eine Erzieherin zur ausreichend vertrauten Bindungsperson geworden ist Anm. d. Verf.] am Eingewöhnungsprozess ihrer Kinder nicht als ein fester Bestandteil in die pädagogische Konzeption von Kindertagesstätten und Tagespflegestellen einhergeht. Insbesondere die Aufnahme von Kindern unter drei Jahren ohne Beteiligung der Eltern grenzt nach unserer Auffassung an den Tatbestand der Kindesmisshandlung“.

Bindung – wie entsteht sie?

Jetzt war viel von der Wichtigkeit von Bindungsbeziehungen die Rede. Aber, was ist das überhaupt – Bindung? Wie wird z.B. eine Erzieherin eine Bindungsperson? Wie entsteht eine Beziehung zwischen ihr und einem ihr anvertrauten Kind, die mehr ist als „wir kennen und mögen uns“ – denn das alleine reicht nicht aus, um dem Kind z.B. in Krisensituationen ausreichend emotionalen Halt zu geben?

Damit Kleinkinder eine sichere Bindung zu einer Bezugsperson entwickeln können, muss diese dem Kind folgende Beziehungserfahrungen ermög­lichen:

  • Feinfühligkeit

Feinfühligkeit fühlt sich aus Kinderperspektive ungefähr so an: „Ich habe Blähungen, fühle mich unwohl und zeige dies, indem ich weine. Mama hört mich und kommt sofort. Sie nimmt mich auf den Arm, reibt meinen Bauch und spricht beruhigend mit mir. Daran kann ich erkennen, dass sie meine Situation versteht“. Feinfühligkeit bedeutet also: Die Signale eines Kindes wahrnehmen, angemessen interpretieren und angemessen reagieren.

  • Verfügbarkeit

Aus Kinderperspektive bedeutet Verfügbarkeit: „Immer, wenn ich es brauche, ist eine mir vertraute Per­son für mich da und reagiert prompt. Ich kann noch nicht warten. Nur so kann ich langsam Sicherheit entwickeln, dass in dieser mir noch so neuen und unbekannten Welt zuverlässig für mich gesorgt wird. Erst wenn ich diese Sicherheit habe, kann ich warten. Aber das dauert noch ein bisschen. »

  • Konstanz der Beziehung:

„Ich bin zwar in der Lage, zu mehreren Men­schen eine enge Beziehung aufzubauen, aber nicht unbegrenzt. In der Regel ge­lingt mir dies mit einer geringen Anzahl von Menschen, die regelmäßig und über Jahre für mich da sind“

  • Zeiten entspannter Zweisamkeit:

„Papa verbringt ausreichend Zeit mit mir alleine.  Er nimmt mich dann auf den Arm, schaukelt und liebkost mich, schaut mich an, lächelt mich an und spricht mit mir. Er schaut mit mir ein Bilderbuch oder spielt mit mir. Dann fühle ich mich wertvoll und geliebt. Mit jedem Mal wächst das Band zwischen uns.“

Die oft körpersprachlichen Signale eines Babys aufmerksam wahrnehmen, sie „übersetzen“, auf sie möglichst zeitnah reagieren, entspannte Zweisamkeit mit einem Baby genießen z.B. beim Wickeln, Füttern oder Spielen – wer je Babys und Kleinkinder betreut hat weiß: Das gelingt einem nur mit maximal 2-3 anwesenden Kindern.

Nicht von ungefähr wird in dieser Altersstufe ein Betreuungsschlüssel von 1:3, d.h. eine anwesende Fachkraft auf maximal 3 Kinder gefordert. Denn nur, wenn diese ausreichend Zeit hat, sich den individuellen Bedürfnissen der Kinder in ihrem Tempo zu widmen, kann eine sichere Bindung entstehen. Und nur auf der Basis einer sicheren Bindung hat ein Kind die Chance, sich gut zu entwickeln und sein ganzes Potenzial zu entfalten. Dafür Sorge zu tragen ist Aufgabe von Kinderbetreuungs-einrichtungen.

Bedeutung für die Praxis der Säuglings- und Kleinkindbetreuung: Qualität in der Kinderbetreuung bedeutet Beziehung

Wenn Kinderbetreuung mehr sein soll als bloße Aufbewahrung, muss sie folgenden Ansprüchen gerecht werden: Sie muss die Chancen eines einzelnen Kindes sich positiv zu entwickeln maximieren und gleichzeitig die Risiken für Verhaltensauffälligkeiten minimieren. Basis für jegliche positive Entwicklung sind Bindungsbeziehungen. Ihnen kommt über die ganze Lebensspanne eine Schlüsselrolle bezüglich körperlicher und seelischer Gesundheit sowie Lebenszufriedenheit zu. Nie mehr im Leben ist Bindung jedoch so existentiell wichtig, wie in der frühen Kindheit. Deshalb: Qualität in der Kinderbetreuung bedeutet Beziehung. Ohne enge, vertrauensvolle und konstante Beziehung zu ein bis zwei Erzieher/innen kann ein Kind von der anregendsten Umgebung und dem besten pädagogischen Angebot kaum profitieren.

 Was bedeutet denn nun „Qualität in der Kinderbetreuung bedeutet Beziehung? Merkmale einer guten außerfamilialen Betreuung für Kinder unter 3 Jahren

Die im Folgenden aufgeführten Kriterien haben wir größtenteils der Zeitschrift „Kindergarten heute“ entnommen (ergänzt um luxemburgspezifische Aspekte und um Möglichkeiten, sich zu engagieren). Sie sind durch Forschungsarbeiten der letzten 20 Jahre belegt und finden sich auch in anderen Quellen (siehe Literaturempfehlungen).

 Eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung braucht das Zusammenwirken mehrerer Akteure

Wichtig ist: Eine qualitativ hochwertige und Kind gerechte außerfamiliäre Säuglings- und Kleinkindbetreuung kann nicht allein durch Fortbildungsveranstaltungen für Erzieher/innen erreicht werden. Vielmehr ist die Kooperation aller Beteiligten gefordert. Alle Beteiligten, das sind die Eltern, Politiker/innen, Verantwortliche der Träger, pädagogische Fachkräfte der Einrichtungen sowie Expert/innen. Wir werden im Folgenden aufzeigen, wofür die Einzelnen verantwortlich sind.

Die Eltern: Sie sind verantwortlich für die Wahl der Betreuung sowie für die Qualität der Bindung zu ihrem Kind

Was sie konkret tun können:

  • Für intensive und sensitive (Körperkontakt!) elterliche Zuwendung vor und nach dem täglichen Aufenthalt des Kindes außer Haus Sorge tragen
  • In den ersten drei Jahren einen Wechsel zwischen verschiedenen Einrichtungen oder zwischen Krippe und Tagespflegestellen vermeiden
  • Ihren Säugling / ihr Kleinkind möglichst nur wenige Stunden am Tag, vorzugsweise halbtags, in Betreuung geben
  • Die Betreuungszeiten so planen, dass das Kind täglich möglichst wenige Stunden (ohne Lückentage) in der Einrichtung ist
  • Bei Auswahl einer Einrichtung darauf achten, ob diese die im Folgenden genannten Kriterien erfüllt; ggf. ihr Kind dort nicht anmelden und (schriftlich) mitteilen, weshalb nicht (mit einer Kopie an das Familienministerium)
  • Andere (werdende) Eltern sowohl über mangende Qualität als auch über gute Krippen informieren

Politiker/innen und Verantwortliche der Träger: Sie sind verantwortlich für die Strukturqualität

Das heißt konkret: Sie müssen Entscheidungen treffen, Geld zur Verfügung stellen und Gesetze auf den Weg bringen, die folgende Bedingungen in den Einrichtungen gewährleisten:

Höchstes 3-4 Kinder auf eine anwesende Erzieherin (in einer Krippengruppe, 0-3 Jahre), höchstens 5 Kinder auf eine anwesende Erzieherin (Altersmischung 0-6 Jahre)

  • Nicht mehr als 8 Kinder pro Gruppe (in einer Krippengruppe, 0-3 Jahre), nicht mehr als 15 Kinder (Altersmischung 0-6 Jahre)
  • Nur ausgebildete Erzieher/innen, möglichst speziell weitergebildet für die Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern (derzeit müssen z.B. in den Maison Relais incl. Leitung nur 40% der pädagogischen Mitarbeiter/innen mindestens die Qualifikation „Erzieher/in“ haben, von den verbleibenden 60% dürfen 20% unqualifiziert sein. Die restlichen 40% werden qualifiziert genannt, sind jedoch häufig nur gering qualifiziert und verfügen über /erhalten z.B. lediglich eine 100 Stunden umfassende Weiterbildung)
  • Eine elternbegleitete Eingewöhnung von 2-3 Wochen muss gesetzlich verankertes Recht der Kinder unter 3 werden
  • Ausreichend große Räume mit für die Kinder zugänglichen Rückzugs- und Schlafmöglichkeiten sowie geschützte Aktivitätsbereiche
  • Den Erzieher/innen und Kindern einen gemeinsamen Urlaub (Schließung der Einrichtung für 3 Wochen) ermöglichen (andernfalls ist es kaum möglich, für die Kinder eine Konstanz der Betreuungspersonen zu gewährleisten)
  • (Arbeits-)Zeit und Räumlichkeiten für Elternarbeit zur Verfügung stellen

 Pädagogische Fachkräfte in den Einrichtungen: Sie sind verantwortlich für die Prozessqualität

Konkret müssen sie dafür Sorge tragen, dass die ihnen anvertrauten Säuglinge und Kleinkinder folgende Bedingungen vorfinden:

  •  Kein Wechsel der Betreuungspersonen im Alter von 0-3 Jahren
  • Kein Wechsel der Betreuungspersonen am Tag durch Schichtdienste
  • Beim Ankommen muss eine dem Kind vertraute Betreuungsperson anwesend sein, die das Kind später auch wieder den Eltern übergibt (kein accueil  in einer anderen Gruppe von einer anderen Betreuungsperson, das gleiche gilt für die Abholsituation)
  • Ausarbeitung eines pädagogischen Konzeptes auf Basis der besonderen Bedürfnisse von Säuglingen und Kleinkindern; verpflichtende Bestandteile des Konzeptes sind: Elternbegleitete Eingewöhnung, enge Zusammenarbeit mit den Eltern, Bezugspersonenorientierung, beziehungsreiche Pflege, Mahlzeiten in freundlicher Atmosphäre, Sicherheit ohne extreme Einschränkungen
  • Aufmerksamer, feinfühliger, sensitiver und stimulierender Umgang mit den Kindern, z.B. ausreichende Befriedigung des kindlichen Wunsches nach Ansprache und Körperkontakt
  • Regelmäßige Weiterbildung und Supervision
  • Information der Eltern, z.B. über den Ablauf der Eingewöhnung und die Bedeutung der elterlichen Mitarbeit
  • Lobbyarbeit (sich in Parteien, im Dachverband für Erzieher/innen, in der Gemeinde engagieren)

 Ausblick

Es ist uns bewusst, dass die (Krippen)Realität in Luxemburg in vielerlei Hinsicht hinter den genannten Qualitätskriterien zurückbleibt. Das ist gerade ein Grund, aktiv zu werden und sich in seinem jeweiligen Verantwortungsbereich für eine bessere Säuglings- und Kleinkindbetreuung zu engagieren.

Auch Sie als Eltern können dazu beitragen. Zum Wohl ihres Kindes.

 

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